Lieferbereitschaft: Können Bestellungen auch innerhalb der Lieferzeit übergeben werden?
Konsumenten sowie gewerbliche Abnehmer sind es gewohnt, stets aus einer Fülle an Produkten wählen zu können. Nur in geringem Ausmaß sind längere Lieferzeiten üblich, ein Großteil ist zumeist sofort verfügbar. Doch die Prozesse, die zur Aufrechterhaltung der Lieferbereitschaft im Hintergrund laufen, sind äußerst komplex. Schließlich sagen sie nicht nur etwas über die Lieferantenbewertung aus, sondern auch über die Fähigkeit des Unternehmens, Nachfrage adäquat zu bedienen.
Definition Lieferbereitschaft: Was ist damit konkret gemeint?
Bei der Auswahl geeigneter Lieferanten kommt es nicht nur auf Preisniveau, Produktspezifikation oder ähnliches an – auch die Fähigkeit des Unternehmens, konkrete Bestellungen innerhalb einer festen Zeitspanne abzuschließen, gilt als Erfolgsfaktor. Eine hohe Lieferbereitschaft drückt damit die Zuverlässigkeit des Lieferanten aus, sie bildet eine zentrale Kennzahl in der Logistik. Eine niedrig ausgeprägte Lieferbereitschaft bedeutet gewisse Risiken, die sich auf die Unternehmen-Lieferanten-Beziehung sowie die Unternehmen-Kunden-Beziehung gleichermaßen auswirken.
Beispiel: Ein Handelsunternehmen bestellt einen beliebten Artikel ausschließlich bei Lieferant A. Die kundenseitige Nachfrage nach diesem Produkt steigt stetig, entsprechend engmaschig sind Lieferintervalle ausgelegt. Sofern der Lieferant in der Lage ist, die exakte Menge in der gewünschten Qualität zum avisierten Termin zu liefern, würde dies einem Lieferbereitschaftsgrad von 100 Prozent entsprechen. Da damit jedoch zugleich hohe Lagerkapazitäten eingehen, wodurch Kapital gebunden wird, gelten in vielen Branchen oftmals niedrigere Werte als optimaler Maßstab.
Berechnung der Lieferbereitschaft: Diese Formel gibt Auskunft über den Lieferbereitschaftsgrad
Eine leistungsstarke Logistik sichert nicht nur die Marktposition des Unternehmens, sondern ermöglicht zugleich eine dynamische Anpassung an Nachfrageveränderungen. In Zeiten von E-Commerce und einer tiefgreifenden Digitalisierung einzelner Geschäftsprozesse steigt zudem die Erwartungshaltung auf Kundenseite. Das heißt, eine schnelle, zeitnahe Lieferung ist damit auch ein wichtiger Beitrag zu einer hohen Kundenzufriedenheit.
Um diese zu erreichen, wird ein hoher Lieferbereitschaftsgrad angestrebt. Es stehen verschiedene Berechnungsformeln zur Verfügung, die sich je nach Betrieb besser eignen. Die wichtigsten Formeln zur Berechnung der Lieferbereitschaft stellen wir im Folgenden vor.
- Lieferbereitschaftsgrad I (in Prozent) = Anzahl der abgeschlossenen Auftragspositionen / Gesamtanzahl der Auftragspositionen x 100
- Lieferbereitschaftsgrad II (in Prozent) = Wert der abgeschlossenen Aufträge innerhalb eines Zeitraumes / Gesamtwert der Aufträge in entsprechenden Zeitraum x 100
- Lieferbereitschaftsgrad III (in Prozent) = Anzahl der Artikel, die termin- und mengengerecht geliefert wurden / Gesamtstückzahl der Aufträge innerhalb eines Zeitraumes x 100
Wichtig: Ein Blick auf den individuellen Lieferbereitschaftsgrad (LBG) gibt Informationen dazu, in welchem Maß Lieferrückstände bestehen oder in der Vergangenheit bestanden. Die Idealvorstellung von einer Lieferbereitschaft von 100 Prozent würde zugleich aber einen Zielkonflikt auslösen, denn dadurch entstehen zugleich hohe Lager- und Bestandskosten. Es ist deshalb stets eine individuelle Abwägung nötig, um bestimmte Produkte oder Produktgruppen zu priorisieren (nach Marge, Auftragswert, o.ä.) und unterschiedliche Zielgrößen zur Lieferbereitschaft zu definieren.
Vorteile einer hohen Lieferbereitschaft
Jedes Unternehmen muss sich innerhalb der eigenen Branche an Standards messen lassen, die Aufschluss darüber geben, ob eine hohe, niedrige oder durchschnittliche Lieferbereitschaft gegeben ist. Vor allem im Versandhandel gehören schnelle, passende Lieferungen elementar zum Geschäftsmodell. Ein Lieferbereitschaftsgrad von 99 Prozent (Zielgröße) ist deshalb üblicherweise gesetzt. In anderen Segmenten, beispielsweise im B2B-Bereich, lässt sich anhand weiterer Faktoren eine Differenzierung vornehmen.
Die wesentlichen Vorteile, die mit einer hohen Lieferbereitschaft verbunden sind:
- Wettbewerbsvorteil durch hohe Anzahl an sofort lieferbaren Artikeln
- Öffentlich wahrnehmbar höheres Service-Level
- Sichtbares Zeichen von effizienten Lager- und Logistikstrukturen
Zu beachten: Eine ineffiziente Lagerhaltung steht im engen Zusammenhang mit einer niedrigen Lieferbereitschaft, die sich multifaktoriell mit Fehlmengenkosten, Folgekosten und weiteren Aspekten bedingt.
Strategien, um die Lieferbereitschaft im Lager zu erhöhen
Um Kosten zu reduzieren und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu erhöhen, gilt es die Lieferbereitschaft zu erhöhen. Maßgeblich ist hier der Grad einer „optimalen Lieferbereitschaft“, die nicht zwangsläufig bei 100 oder 99 Prozent liegt. Besonders wichtige, zentrale Produkte des Unternehmens, die das Grundsortiment abbilden, sollten einen höheren Lieferbereitschaftsgrad aufweisen als Neben- oder Nischenprodukte.
Folgende Schritte sind sinnvoll, um die Lieferbereitschaft zu steigern:
- Fehlmengenkosten und Lagerhaltungskosten in Relation zueinander stellen
Im Rahmen der Produktion werden Materialien zu einem spezifischen Termin in der jeweiligen Quantität benötigt. Fehlt es daran, sind Alternativen nötig, die mit höheren Kosten einhergehen. Eine Analyse des Verhältnisses beider KPIs ist die Basis, um den sog. Mindestbestand zu definieren – gleichzusetzen mit dem Sicherheitsbestand bzw. dem Eisernen Bestand.
- Lagerverwaltungssoftware für eine optimale Warenwirtschaft einsetzen
Eine digitalisierte Verwaltung und Steuerung von Lagerkapazitäten ermöglicht einen differenzierten Blick auf Prozesse entlang der Logistikkette.
Weitere Beiträge rund um Intralogistik, Warehouse-Management-System und Lagerverwaltungssoftware finden Sie im Logistik-Lexikon von proLogistik. Reinschauen lohnt sich!